Bei Grün falsch abgebogen
Ich bin linksgrün. Heisst also ich habe eine grün gefärbte rote Einstellung. Oder auch andersrum, je nachdem wie man’s sehen möchte. Aber irgendwie läuft es ja auch auf dasselbe hinaus. Jedenfalls weiss heutzutage jede und jeder, was mit linksgrün gemeint ist. Die nette Erweiterung linksgrün-versifft mag dabei angefügt werden. Den Titel trägt man ja mit Stolz. Eine idealistische Person, die bewusst den Müll trennt. Wenn sich mir jemand als links vorstellt, dann mache ich automatisch die Verknüpfung, dass die Person weltoffen ist, ein Herz für die Armen hat, vielleicht ein bisschen naiv ist, und eben auch den Klimaschutz als wichtig erachtet. Aber wieso eigentlich diese starke Verknüpfung von links und grün? Warum ist Klimaschutz irgendwie links? Meiner Meinung nach ist eben diese Konnotation nichts geringeres als eine der schwerwiegendsten politischen Katastrophen der jüngeren Geschichte.
Als sich in den 80er Jahren die Grüne Partei gründete, geschah dies natürlich vor allem im vereinten Protest gegen die Atomkraft. Zugleich nannte man sich die Friedenspartei, die nicht nur ein anderes Naturverhältnis forderte, sondern auch das Image von Politikern radikal veränderte. Plötzlich saßen da im Parlament langhaarige Hippies mit Strickpullovern. Das schützenswerte Blümchen auf der Wiese war auf einmal ein Politikum. Natürlich war dies aus konservativer bürgerlicher Perspektive eine Ästhetik der Verweichlichung. Aus rechter patriarchaler Sicht saß da nun mal ein Haufen langhaariger Schwuchteln, die statt als gute Patrioten das Land und die Wirtschaft vorwärts zu treiben, lieber kiffend auf der Heide die Kühe streicheln wollten. Wahrscheinlich geschah die Konnotation von links und Naturschutz zu dieser Zeit, als im Vergleich zu heute noch kein Schwein über Klimaerwärmung redete. Ironischerweise waren diejenigen, die bis dato am meisten Ökologie, Tierschutz und biologischen Anbau förderten, die Nazis gewesen. Aber damit hatte sich natürlich nie jemand identifizieren wollen.
Doch wie wir heute leider feststellen müssen, gibt man auf rechtskonservativer Seite nicht nur einen Scheiß aufs Klima, viele leugnen sogar immer noch die Tatsache, dass der Mensch irgendwas damit zu tun hat. Das einzige, was man im Blickfeld hat und für das man als kämpfenswert befindet, ist die Abwehr gegen die sogenannte Überfremdung der Gesellschaft von Ausländern. Es ist und bleibt weitgehend das einzige Thema, wofür man AfD, SVP, Rassemblement und so weiter wählt. Die grosse Tragik dabei ist, dass all diese Parteien zu dumm sind, zu begreifen, dass mangelnder Klimaschutz zu eben genau dem führt, wovor sie sich alle fürchten. Geht es so weiter wie bisher, dann wird sich das Klima unkontrolliert und ungebändigt erwärmen, was zur Folge hat, dass langfristig weite Teile der Tropen und Subtropen nicht mehr bewohnbar sein werden. Hunderte Millionen von Menschen werden sich im Verlauf der Jahrzehnte Richtung Norden aufmachen. Weite Teile Nordafrikas und Arabiens werden entvölkert, weil die Menschen da keinen fruchtbaren Boden mehr haben und das Wasser versiegt. Gerade Europa wird sich mit einer Welle von Klimaflüchtlingen konfrontiert sehen, gegen die die sogenannte “Flüchtlingskrise 2015” ein laues Sommerlüftchen war. Damals reichten drei Millionen Kriegsflüchtlinge aus, um in Europa für politisches Chaos zu sorgen. Durch die Folgen des Nichtstuns gegen den Klimawandel werden hunderte Millionen Flüchtlinge nach Europa strömen. Hunderte Millionen werden sich nicht an Grenzzäunen aufhalten lassen. Man kann natürlich auf sie schießen. Dann werden Menschen sterben, radikale Gruppen werden sich überall bilden. Flüchtlinge werden sich zur Not gewaltsam Zutritt nach Europa verschaffen. Linksextremisten werden sich in grausamen Guerilla-Kämpfen gegen faschistoide Polizeistaaten die Gesellschaft in Angst und Schrecken versetzen. Wahrscheinlich wird vielerorts Bürgerkrieg ausbrechen. Europa wird überströmt mit Ausländern. Gesellschaftlicher Zusammenhalt wird verfallen, während die Ressourcen zum Überleben überall knapp werden. Das Ignorieren des Klimawandels und die Verweigerung, ihn zu bekämpfen, wird zu genau dem führen, wovor sich die Rechten selber am meisten fürchten: Eine beispiellose Massenmigration und Überfremdung in ganz Europa. Die Probleme werden, eingepfercht auf dem nördlichen europäischen Kontinent, von über einer Milliarde Menschen, die sich um die letzten Ressourcen balgen, in nicht mehr kalkulierbare Ausmaße ausweiten und können schliesslich in eine anarchische Welt der vollkommenen Verzweiflung und Gesetzlosigkeit münden. Das alles aber wird auf der rechten Seite entweder nicht verstanden, weil man schlicht zu dumm und kurzsichtig ist oder weil man zu faul ist, seinen eigenen Lebensstil zu hinterfragen. Es ist nun mal anspruchsvoll, sich über solche Abfolgen in einer langen Zeitspanne klar zu werden. Es ist so viel einfacher, sich einzureden, dass dies alles medialer Bullshit sei und die Wichtigtuerei von jungen linksgrünversifften wichtigtuerischen moralischen Gutmenschen mit vierzig verschiedenen Geschlechtern, die ihre Nation hassen.
Doch auch diejenigen, mit denen mal die Neue Grüne Welle begonnen hat, verlieren nun leider zunehmend ihren Fokus. Kürzlich bin ich auf Instagram auf einen neuen Post von Greta Thunberg gestossen, die nun auf die Menschenrechtslage im Jemen aufmerksam macht. Schon in den vergangenen Jahren fiel die junge Hoffnungsträgerin der Klimajugend vermehrt dadurch auf, dass sie sich nicht mehr nur ausschliesslich um Themen des Klimaschutzes kümmerte, sondern sich nun auch zu Menschenrechtslagen politisch äusserte, etwa mit Beistandsbekundungen für die Palästinenser in Gaza. So viel bewundernswerter Idealismus darin steckt, es verstärkt den Eindruck, als sei Klimaschutz eine Sache politischer Ideologie. Das ist sie aber nicht! Klimaschutz ist kein klassisches politisches Thema, es ist ein universelle Herausforderung an die menschliche Zivilisation. Wir stehen aber in der katastrophalen Lage, dass Klimaschutz als links gilt, und noch schlimmer: als eine Frage des Glaubens. Wenn wir es nicht bald irgendwie schaffen, dieses Image hinter uns zu lassen, kommen wir in die Hölle. Und dies insbesonders weil in Europa und Amerika, die zusammen über XX Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verursachen, gerade überall rechte Parteien aufmarschieren, deren Kernbotschaft es ist, die verschwuchtelte Klima-Wokeness zu bekriegen. Das ist im Kern, was sie wollen. Ach ja, und natürlich die Ausländer rauswerfen… die unsere Kultur vernichten wollen… zusammen mit den linken Schwuchteln… die uns allen die Autos wegnehmen wollen.
Ich bin grundsätzlich gegen Angstmacherei und halte sie für wenig produktiv. Aber wir haben viel zu lange versucht, mit dem armen Eisbären in der Arktis, dessen Eisscholle unter ihm wegbricht, den Leuten auf die Tränendrüse zu drücken.
Es geht darum, dass wir all diesen rechten Träumern klar machen müssen, dass ihr schlimmster Albtraum von einer Migrations-Apokalypse eben genau durch mangelnden Klimaschutz zur Realität werden kann. Alle müssen sich klarmachen, dass Umweltschutz, Klimaschutz, der Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen keine Frage ist, die in Parlamenten verhandelt werden kann. Seit es Zivilisation gibt, haben Menschen stets die Soziale Frage untereinander verhandelt, erst in Kriegen, später zunehmend in Parlamenten. Aber immer waren es Menschen, die mit anderen Menschen verhandelt haben. Das ist beim Klima aber nicht der Fall! Die Natur verhandelt nicht. Es ist ihr sowieso alles egal. Allein daran sieht man, dass man es eigentlich gar nicht mit Politik zu tun hat. Klimaschutz darf nicht mit einer politischen Partei konnotiert werden. Ich bin dafür, Grün aus dem Spektrum politischer Farben zu streichen, damit wir nie wieder denken, Grün sei eine Alternative, ein politisches Angebot. Nein, es ist Aufgabe.
Juni 2025